Eine(r) muss den Anfang machen
Auf allgemeine Rundbriefe oder unverbindliche Aufrufe reagieren die wenigsten. Das gilt auch für die Gründung von Familienkreisen. Nur die persönliche Ansprache bringt’s.
Drei Wege haben sich dabei in der langjährigen Praxis als besonders Erfolg versprechend erwiesen.
Erste Möglichkeit:
Die Eltern selbst werden aktiv. Vielleicht ist es ein Paar, das an seinem „alten“ Wohnort schon einem Familienkreis angehörte und jetzt an einen „neuen“ verschlagen wurde und Anschluss sucht. Oder eine Frau/ein Mann, die oder der sich gerne an den Familienkreis erinnert, dem die eigenen Eltern angehörten. Oder einfach jemand, der das Sonderheft „Familienkreise“ von „neue gespräche“ gelesen hat und dem die Idee einleuchtet…
Wir wurden von einer Frau angesprochen, die mit ihrer Familie vor kurzem in unsere Nachbarschaft gezogen war und Anschluss suchte. Sie besuchte mehrere Familien im Viertel und lud uns zu sich ein. Ihr Mann und sie wollten sich mit anderen Familien, die auch kleine Kinder hatten, regelmäßig über alles Mögliche austauschen und ab und zu auch mal was mit den Kindern gemeinsam machen. Ob wir Lust hätten mitzumachen? Wir haben ja gesagt, zunächst noch mit Vorbehalten: Wir könnten uns das ja mal angucken… Obwohl wir selbst schon länger in dem Viertel lebten, kannten wir die anderen fünf Familien, die sich dem Familienkreis angeschlossen haben, nur vom Ansehen. Und wir waren schon ziemlich verschieden: Menschen aus vier verschiedenen Nationen (Schweizer, Franzosen, Deutsche, Engländer), drei verschiedenen Konfessionen (katholisch, evangelisch und anglikanisch), zehn verschiedenen Berufen (vom Busfahrer bis zum Hochschulassistenten), jeweils mit einem bis drei kleinen Kindern. Da kam bei jedem Gespräch eine Menge an Aspekten und Erfahrungen zur Sprache, und es fiel uns nicht immer leicht, einander auf Anhieb zu verstehen… Aber wir haben unseren Entschluss mitzumachen nie bereut.
Zweite Möglichkeit:
Ein Pfarrgemeinderat wird aktiv. Vielerorts gibt es Sachausschüsse „Ehe und Familie“, die sich einerseits um eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Familien in ihrem Stadtviertel bemühen und andererseits Familien einen besseren Zugang zu den Schätzen von Kirche und Pfarrgemeinde eröffnen möchten. Neben vielen anderen Angeboten von Kleinkinder-Gottesdiensten und Krabbelgruppen über Wochenenden zu Erziehungsthemen bis hin zu gemeinsamen Nikolausfeiern, an denen meist immer dieselben Eltern und Familien teilnehmen, eignen sich dazu ganz besonders auch Familienkreise. Als wertvolle Geburtshelfer können sich dabei „alte“ Familienkreise aus der gleichen oder benachbarten Pfarrgemeinde erweisen, die mit ihrem lebendigen Beispiel „Newcomern“ Appetit machen.
Es war einmal ein Pfarrgemeinderat, der stellte fest: „Wir haben kaum noch junge Familien.“ Er schrieb sich daher das Motto auf die Fahne: Wir brauchen junge Familien – nicht nur für unser Überleben, sondern auch und ganz besonders für ihr Leben!
Deshalb fragten wir uns weniger aus unserem Blickwinkel als aus dem junger Eltern:
- Was wollen junge Familien?
- Was macht eine, also unsere Gemeinde attraktiv für sie?
- Welche konkrete Unterstützung brauchen gerade junge Familien?
- Was können und wollen wir ihnen in unserer Gemeinde bieten?
Das Ergebnis war eine Einladung zu einem offenen, unverbindlichen Treffen, das den anwesenden Familien einen großen Freiraum für Ideen und Anregungen ließ. Ein zweites folgte; die Zwischenzeit sollten die Familien als Bedenkzeit nutzen. Seitdem (das heißt: seit drei Jahren) trifft sich der Familienkreis – sieben Familien, darunter zwei Alleinerziehende – einmal im Monat.
Dritte Möglichkeit:
Die Hauptamtlichen in einer Pfarrgemeinde ergreifen die Initiative. Ob Pfarrer oder Gemeindereferentin: Weil sie bei ihrer Arbeit ständig „neuen“ Familien begegnen und viele Fäden bei ihnen zusammenlaufen, können sie ohne großen Aufwand Verknüpfungen herstellen. Vorausgesetzt, sie können den angesprochenen Eltern glaubhaft vermitteln: Es geht mir wirklich „nur“ darum, euch durch die Gründung eines Familienkreises neue Chancen zu eröffnen. Und nicht etwa darum, euch für irgendwelche Dienste in der Gemeinde zu vereinnahmen.
Wir haben die anderen Paare unseres Familienkreises bei der Vorbereitung auf unsere kirchliche Hochzeit kennen gelernt. Der Geistliche unserer Gemeinde hatte uns nahe gelegt, an einem Ehevorbereitungsseminar teilzunehmen, das auf regionaler Ebene angeboten wurde und ein ganzes Wochenende umfasste. Zunächst hatten wir darauf keine große Lust; doch der Austausch mit den anderen Paaren machte uns sehr viel Spaß. Deshalb griffen wir den Vorschlag der Seminarleitung, uns nach der Hochzeit noch einmal mit den anderen zu treffen, begeistert auf; tatsächlich waren alle bis auf ein Paar bei dem Nachtreffen wenige Monate später dabei. Daraus entstand unser Familienkreis. Wir bekamen fast alle kurz nacheinander unsere ersten Kinder, und unser Kreis wurde zu einem Forum für alle Fragen, die uns wichtig waren, von der Fremdbetreuung unserer Kleinen über die gesunde Ernährung bis zur Angst vor dem Terrorismus.
Das ABC der persönlichen Ansprache
Zugegeben: Ein bisschen Mut gehört dazu, flüchtige Bekannte oder gar „wildfremde“ Menschen anzusprechen. Aber es lohnt sich; denn manche Familie wartet schon lange darauf, einmal angesprochen zu werden und irgendwo irgendwie mitzumachen. Ein paar Tipps dazu:
- Fallen Sie mit der Tür ins Haus.
Beispiel: „Ich habe Sie bei der letzten Elternversammlung im Kindergarten gesehen und gedacht, dass Sie vielleicht auch Lust haben, an einem Gesprächskreis für Eltern mitzumachen. Es gibt so vieles, worüber wir Eltern uns mit anderen Eltern austauschen könnten und sollten.“ - Laden Sie zu einem Info-Abend an einen „neutralen“ Ort ein. Zum Beispiel bieten sich dazu das Pfarrheim oder der Kindergarten an.
- Betonen Sie die Unverbindlichkeit dieses Treffens. Nämlich: Dass es dabei nur darum geht, die anderen kennen zu lernen, die sich ebenfalls (vage) für einen Familienkreis interessieren, und dass alle den anderen mitteilen können, unter welchem Umständen Sie Lust hätten mitzumachen. Ob sie wirklich dabeibleiben wollen, sollen die angesprochenen Eltern erst danach entscheiden. Sie gewinnen dadurch Bedenkzeit und fühlen sich nicht überrumpelt wie bei „Haustürgeschäften“.
- Erklären Sie Ihre eigenen Vorstellungen. Sagen Sie kurz, was Sie von einem Familienkreis erwarten: dass Ihnen zum Beispiel regelmäßige Treffen der beteiligten Eltern vorschweben, vielleicht auch gemeinsame Unternehmungen mit den Kindern, wo die Treffen stattfinden könnten, dass Sie aber weder einen Verein gründen noch einen irgendwie gearteten „Vorsitz“ übernehmen möchten. Je klarer Sie Ihre Ideen beschreiben, desto einfacher können sich die angesprochenen Eltern dazu positionieren. Aber:
- Machen Sie gleichzeitig deutlich, dass Sie auch für andere Vorschläge offen sind. Sie erleichtern es anderen Familien damit, sich auf den ersten Schritt einzulassen. Der große Wert von Familienkreisen entwickelt sich oft erst mit der Zeit, je mehr Vertrauen die Beteiligten zueinander gewinnen. Deshalb:
- Fassen Sie ein klares Nein beim ersten Anlauf auf keinen Fall als persönliche Niederlage auf!