… dann lass’ es einfach!

Was nicht funktioniert, lassen wir besser. Wirklich? Im Umgang mit unseren Kindern machen wir tatsächlich oft mehr davon, bedauert Ulrich Pfeifer-Schaupp.

Wirkungslos, aber vertraut

Räume bitte dein Zimmer auf!“ – „Ja, ja.“ – „Hast du inzwischen dein Zimmer aufgeräumt?“ – „Räum jetzt endlich dein Zimmer auf!“ Alle Ermahnungen fruchten nicht. Was tun die lieben Eltern? Sie ermahnen mehr und eindringlicher. Auch das nützt nichts. Also ermahnen sie eben noch mehr und noch eindringlicher… In der Sprache der Familientherapie nennt man das ein typisches „Mehr-desselben-Muster“. Wenn etwas nicht funktioniert, machen wir mehr davon. Daraus entstehen Probleme, Ärger und Wut. Die Konflikte eskalieren – lautes Geschimpfe, trotziges Türenschlagen. Oder die Konflikte werden „chronisch“ und setzen sich fest bei Kindern und Eltern, zum Beispiel als Grundgefühl von Unwillen, Groll und Frustration. Es ist so schwer, auf vertraute Problemlösungen zu verzichten, auch wenn sie nicht funktionieren… Wie wir die Weichen anders stellen könnten, zeigt der „lösungsorientierte“ Ansatz, ein Beratungsmodell, das in Milwaukee/USA entwickelt wurde. Erarbeitet mit drei Grundsätzen, von denen wir auch als gestresste Mütter und Väter viel lernen können.

  • Wenn etwas nicht funktioniert, dann lass’ es und mache etwas anderes.
  • Wenn etwas funktioniert, mach’ mehr davon.
  • Wenn etwas nicht kaputt ist, repariere es nicht.

Diese Sätze können uns helfen, unsere Gewohnheiten zu erkennen und zu durchbrechen. Rezepte für „richtige“ Erziehung gibt es nicht.

Sorgen Sie lieber für sich selbst!

Oder sie funktionieren immer nur bei den anderen, aber nicht bei den eigenen Kindern. Immerhin können wir sehr klar und recht einfach feststellen, was nicht funktioniert. Ein wichtiger erster Schritt zur Veränderung besteht darin, das einfach zu lassen und stattdessen etwas anderes zu tun. Was das sein könnte, hängt von vielen Faktoren ab. Wichtig ist einfach, dass wir das Mehr-des-selben-Muster unterbrechen.

Es gibt zweitens kein Problem, das dauernd, ununterbrochen besteht. Es gibt immer „problemfreie Zeiten“, in denen etwas funktioniert hat. In einer ruhigen halben Stunde können wir uns fragen: Wann war das Problem das letzte Mal nicht da? Wann war es erträglicher? Was haben wir damals gemacht? Oder eben: Was haben wir nicht gemacht? Dieser Perspektivenwechsel kann unfruchtbare Kreisläufe unterbrechen. Tatsächlich mehr davon zu machen, was funktioniert, also nicht nur anders zu denken, sondern auch anders zu handeln, ist dann der nächste wichtige Schritt.

Der dritte Satz des lösungsorientierten Ansatzes fordert, sich nur über das Sorgen zu machen und nur für das Lösungen zu suchen, was tatsächlich kaputt ist. „Repariere nicht, was nicht kaputt ist“ – das scheint so selbstverständlich zu sein. Aber mal ehrlich: Über wie viele Verhaltensweisen oder „Charaktereigenschaften“ Ihrer Kinder haben Sie sich schon Sorgen gemacht, die unnötig waren?

Sich ständig Sorgen zu machen und Pläne zu schmieden, wie man den eigenen Kindern helfen oder sie „bessern“ kann, ist möglicherweise unsere Form, uns nicht um uns selbst zu kümmern. Dabei kann es viel wichtiger sein, gut für uns selbst zu sorgen, als „richtig“ zu erziehen.

Vielleicht machen Sie deshalb einfach mal ein kleines Experiment: Einmal angenommen, Sie würden sich in den nächsten zwei Wochen etwas weniger Sorgen um Ihre Kinder machen und stattdessen besser für sich selber sorgen: Wie könnte das aussehen?

Ulrich Pfeifer-Schaupp