Heiraten – und dann? - Liebe ein Leben lang
Die Ehe sei der Tod der Liebe, sagen Spötter. Doch das ist kein Schicksal; Paare können viel dafür tun, dass ihre Liebe lebendig bleibt. Dazu gehört auch: miteinander nachdenken, streiten, lernen. Die folgenden zehn Gebote fordern dazu heraus.
1. Lernen Sie dazu
In unserer schnelllebigen Zeit ständiger gesellschaftlicher Veränderungen verändern sich auch die Bedingungen für das Gelingen von Ehen. Was wir in der Berufswelt längst als selbstverständlich akzeptiert haben, gilt heute erst recht für den wichtigsten Lebensbereich unseres persönlichen Lebens: dass wir nämlich ständig für neue Anforderungen dazulernen müssen.
Wenn Ehe gelingen soll, ist lebenslanges Lernen angesagt. Es lohnt sich, darin zu investieren. Ehe und Familie sind heute unser wichtigster Raum, aufzutanken, uns zu entspannen und zu erholen, Wertschätzung und Glück zu erleben. Nehmen Sie also Angebote von Familienbildungsstätten, Volkshoch- schulen und anderen vertrauenswürdigen Trägern wahr, die Wissen und Fähigkeiten für die Bewältigung persönlicher, ehelicher und familiärer Probleme vermitteln und Anstöße für die weitere Entwicklung dieser Lebensbereiche geben.
2. Nehmen Sie Abschied von den Eltern
Die Beziehungen junger Frauen und Männer zu ihren Eltern sind heute meist sehr verständnisvoll und freundschaftlich; den Druck der traditionellen Autoritätsverhältnisse, der Jugendliche früher das Weggehen aus dem Elternhaus herbeisehnen ließ, gibt es heute kaum mehr. Trotzdem kann ohne Abschied von den Eltern, ohne die Lösung aus der innerlichen und äußerlichen Abhängigkeit und Geborgenheit in der Herkunftsfamilie eine dauerhafte Partnerbeziehung nicht gelingen. Der Schmerz und die Enttäuschung darüber, dass die Nähe und Vertrautheit, die zuverlässige Fürsorge und Hilfe der Eltern nicht unverändert erhalten bleiben können, ist ein notwendiger Wachstumsschmerz, den niemand sich selbst und den Eltern ersparen kann. Beide Seiten würden einen wichtigen Entwicklungsschritt verweigern, der Voraussetzung für das Gelingen der nächsten Lebensetappe ist.
3. Seien Sie eine Frau/ein Mann nach Ihrem Geschmack
Längst überholt, sind sie doch nicht ausgestorben: die Klischees, wie "ein richtiger Mann" und "eine richtige Frau" zu sein haben, was männlich und was weiblich ist und wie die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau auszusehen hat Immer noch richten diese Klischees unterschwellig Schaden an. Wer nicht hineinpasst - und wer passt da schon hinein? - erfährt Abwertung, kränkende Bemerkungen im Freundes- und Kollegenkreis, manchmal sogar Verachtung vom Lebens- und Ehepartner. Wer sich nicht als vollwertige Frau erleben darf muss sich lebenslang mit quälenden Minderwertigkeitsgefühlen abplagen.
Pfeifen Sie auf die Klischees und haben Sie Mut zu sich selbst. Wenn Sie ihnen nicht entsprechen, spricht das nur für Ihre Persönlichkeit. Leisten Sie es sich, der Mann zu sein oder die Frau, der oder die sie selbst sein wollen und können. Verteilen Sie die Rollen in Ihrer Partnerbeziehung so, wie es für Sie beide am besten passt. Machen Sie sich bewusst, dass Sie nur auf Ihre Weise auf die richtige Weise und vollwertig Frau und Mann sein können.
4. Wählen Sie den richtigen Partner / die richtige Partnerin
Drei Fragen sollten Sie mit Ja beantworten können:
Lieben Sie Ihren Partner/ Ihre Partnerin?
Am besten heiraten Sie Ihre "große Liebe" Zumindest sollten Sie Ihren Partner/Ihre Partnerin lieben und erotisch und sexuell attraktiv finden. Aus der Liebe und erotisch-sexuellen Anziehung zueinander kann nicht nur immer wieder das Gefühl erwachsen, miteinander glücklich zu sein; sie erweisen sich auch als eine Art eiserne Reserve, wenn es gilt, schwierigere Ehephasen zu überdauern.
Sind Ihre Zukunftspläne und Ihre Erwartungen für Ehe und Familie kompatibel?
Sprechen Sie darüber, und zwar bis in die Einzelheiten: Die Lebenseinstellungen zweier Menschen, die sie aus ihren Herkunftsfamilien mitbringen, ihre Wertvorstellungen, ihre persönlichen Lebensentwürfe und auch die - lange vor der Partnerwahl getroffenen - beruflichen Vorentscheidungen vertragen sich seiten in allen Punkten. Gehen Sie nicht davon aus, dass die Widersprüche und Unvereinbarkeiten sich nach der Heirat schon „Irgendwie" regeln werden. Testen Sie lieber vorher, ob Sie gemeinsam Lösungen finden, mit denen Sie beide einverstanden sein können.
Gibt es genug tragfähige Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen?
Ob eine Beziehung auf Dauer hält, entscheidet sich oft daran, ob sie von gemeinsamen Interessen getragen wird. Wie viele Dinge gibt es, die Ihnen in der Freizeit beiden Freude machen? Wie spannend finden Sie den Beruf des/der anderen? Wie anregend seinen/ihren Freundeskreis?
5. Lernen Sie gemeinsam partnerschaftliche Kommunikation.
Wie sehr und wie lange Menschen in ihrer Ehe zufrieden sind, hängt ganz wesentlich davon ab, wie gut und wie offen sie miteinander reden und wie gut sie Konflikte bewältigen können. Es gibt keine Partnerbeziehung ohne Konflikte!
Ehepartner müssen sich wichtige Wünsche und Bedürfnisse mitteilen und über unterschiedliche Vorstellungen, Erfahrungen und Enttäuschungen austauschen. Sonst bleiben Wünsche auf der Strecke, und die Paare laufen Gefahr, sich immer mehr auseinander zu entwickeln und auseinander zu leben.
Unterschiedliche Wünsche miteinander aushandeln und Kompromisse schließen, so dass keiner den Eindruck hat, immer mit seinen Vorstellungen zu unterliegen: Das setzt Mut zu Konflikten und zum .fairen Streiten" voraus. Dazu gehört aber auch ein .Know-how", wie man streitet, ohne den Partner zu verletzen, und wie man zu befriedigenden Lösungen kommt. Diese Fähigkeiten partnerschaftlicher Kommunikation kann man trainieren - in EPL- und KEK-Kursen zur Ehevorbereitung und Ehebegleitung, die die katholische Kirche und andere anbieten.
6.Gestalten Sie Ihre Hochzeit als Symbol und Ausdruck Ihrer Beziehung
Feiern Sie Ihr Fest als ein Symbol Ihrer Entscheidung, einander dauerhafte Liebe und Treue zuzusagen, in guten und in schlechten Tagen. Feiern Sie mit Menschen, die Ihnen wichtig sind: Das gemeinsame Fest macht deutlich, dass Ihre Ehe und Familie auf tragfähige Beziehungen angewiesen ist und tragfähige Beziehung für andere sein will.
Es muss kein großes Fest sein. Aber es soll ein frohes Fest sein. Die Liebe in einer Beziehung braucht immer wieder glückliche, lustvolle, wunderschöne Erfahrungen miteinander!
Als kirchliches Fest ist es auch eine Verheißung, dass lebenslange Liebe gelingen kann. Für Krisenzeiten sagt es uns, dass wir Schweres nicht allein bewältigen müssen: Wir können auf die Unterstützung der kirchlichen Gemeinschaft zurückgreifen (zum Beispiel im Angebot der kirchlichen Beratungsstellen), wenn wir Hilfe brauchen. Und wir können uns Gottes Hilfe anvertrauen, wenn wir in ratlosen Zeiten wieder zueinander finden möchten.
7. Meistern Sie die verflixte erste Ehephase
Alle großen Veränderungen im Leben - auch die erfreulichen - sind zugleich Lebenskrisen. Viele eingespielte Regeln und Zuordnungen funktionieren nicht mehr. Statt Routine ist Pioniergeist gefragt. Meistern Sie die Krise der ersten Ehephase, indem Sie auf sie gefasst sind - auch wenn Sie schon eine Weile zusammen gelebt haben. Ihre Partnerschaft erscheint nach der Eheschließung in einem anderen Licht, Ihnen selbst, aber auch anderen. Zum Beispiel werden Sie in der Familien Ihres Partners ganz anders angesehen, aber auch gefordert, wenn Sie jetzt Schwiegertochter oder Schwiegersohn sind.
Üben Sie in den Flitterwochen, was Ihnen miteinander Freude macht, und vergessen Sie es später nicht!
Männerrolle, Frauenrolle, Möbel, Sex und Kinder: Setzen Sie Ihre eigenen Standards. Je mehr Sie gestalten und entscheiden, wie es zu Ihnen beiden passt, desto zufriedener werden Sie sein.
Machen Sie gegenüber allen anderen familiären und freundschaftlichen Beziehungen unmissverständlich klar: Ihre Ehe steht jetzt an erster Stelle, Familie, Freunde, Beruf, Hobbys und andere Engagements kommen erst danach. Sie können nur soviel Raum beanspruchen, wie es Ihrer Ehe gut tut.
8. Verantworten Sie Familienplanung, Elternschaft und Kinderlosigkeit
Wenn Sie sich Kinder wünschen, denken Sie daran: Kleine Kinder machen viel Freude, sie kosten aber auch viel Zeit. Kraft und schlaflose Nächte. Sie müssen nicht alles auf einmal schaffen. Für Männer wie für Frauen gilt: Nehmen Sie sich die Zeiten für Kinder und für Karriere nacheinander. Kinder sind nicht für die Eltern da, sondern Eltern für die Kinder.
Die Fruchtbarkeit einer Ehe ist nicht identisch mit ihrer biologischen Fruchtbarkeit. Wenn Ihre Ehe kinderlos bleibt, können Sie das auch als Berufung verstehen, kreativ und engagiert im Beruf und in anderen Aufgaben in der Gesellschaft zu arbeiten und "fruchtbar" zu werden.
9. Verzichten Sie darauf, seine/ihre "bessere Hälfte" zu sein
Machen Sie Ihren Partner nicht zu Ihrem "Ein und Alles". Erwarten Sie nicht, dass er denkt und fühlt wie Sie. Versuchen Sie stattdessen, ihn/sie als Individuum ernst zu nehmen, als jemanden, der/die in vielen Dingen anders denkt und andere Wünsche hat als Sie. Jeder/Jede von Ihnen bei den hat ein Recht auf Eigenleben und Verschiedenheit. Verzichten Sie auch darauf, den Partner als Lückenbüßer für Ihre eigenen Schwächen einzusetzen: Auch wenn Sie sich gegenseitig gut ergänzen, sollten Sie ihm/Ihr nicht die Dinge übertragen, die Ihnen selbst schwer fallen. Jeder von Ihnen sollte ein ganzer Mensch werden, der mutig alle seine wichtigen Lebensaufgaben angeht. Am besten versuchen Sie, voneinander zu lernen.
10. Verwandeln Sie Ihre Träume von Liebe und Glück
Die romantischen Liebesvorstellungen der Neuzeit sind der Realität niemals gewachsen. Zum Teil sind sie sogar unreif und weltfremd (der Partner als Märchenprinz). Manche Menschen sehen in der Flucht aus dem Alltag die einzige Möglichkeit, ihre Träume von Liebe und Glück zu retten. Ihre Ehe retten sie damit meist nicht. Retten Sie beides, indem Sie Ihre Liebe erwachsen und realistisch werden lassen. Versuchen Sie das romantische Liebesideal in Ihr Leben und die verschiedenen Phasen Ihrer Ehe zu übersetzen:
- als Mann und als Frau begehrenswert zu sein und begehrt werden
- sich und den Partner/die Partnerin schön und wertvoll zu erleben,
- sich geborgen zu fühlen und eine lebenswerte Zukunft zu haben.
Versuchen Sie, Ihren Partner darin zu bestätigen - auch in Zeiten hoher Alltagsbelastung durch kleine Kinder oder Berufsstress, auch in schweren Lebenskrisen wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Dann sind Sie - und das ist mehr als ein Märchenprinz - ein Zauberer und eine Zauberin der Liebe.
Elisabeth Bleske