Das Lächeln in der Trauer
Eine Bestattung als Fest feiern: Ist das angemessen und möglich? Ja, glaubt Heidi Christa Heim. Es muss ja nicht der traditionelle Beerdigungskaffee oder Leichenschmaus sein.
Ein "Dennoch-Fest"
Letztlich ist jedes Fest ein Dennoch-Fest. Wenn wir warten wollten, bis wir selbst oder unsere Gäste weder Kummer noch Leid noch Sorgen hätten, könnten wir nie ein Fest feiern. Die „festliche Bejahung des Daseins“, die Josef Pieper in einem Fest erblickt, schließt auch den Lebensübergang des Todes mit ein.
Dazu kommt: Trauer und Freude, Lachen und Weinen, Tod und Leben gehören eng zusammen. „Es gibt keine Trauer, in der nicht ein Lächeln verborgen ist“, sagt eine Volksweisheiten. Auch bei einer Bestattung kann neben Trauer auch Freude zu spüren sein - weil Krankheit, Leid und menschliche Begrenztheit nun zu Ende sind und eine Seele in einer Art zweiter Geburt in die göttliche Heimat geboren wurde.
Und schließlich kann ein Dennoch-Fest zur Bestattung der oder dem Vorausgegangenen noch Liebe und Licht mit auf den Weg geben, ihr oder sein einmaliges Leben würdigen und dessen Botschaft in unser eigenes Leben integrieren. Es kann eine Brücke sein, die uns wieder in den Alltag und in ein bewussteres Leben hinein führt.
Natürlich sieht ein Fest zur Bestattung anders aus als Hochzeitsfest. Mein Vorschlag: erstens ein Lichtritual für den Trauergottesdienst und zweitens ein Lebensmosaik für die Nachfeier.
Das Lichtritual
Mittelpunkt steht der Kanon: „Mache dich auf und werde Licht“ - eigentlich ein Adventslied, das bei einer Beerdigung aber einen neuen Sinn bekommen kann: Beim Sterben beginnt sich die Materie des Leibes aufzulösen, das innere göttliche Licht des Menschen löst sich vom Körper und strebt danach, sich mit dem ewigen Licht zu vereinen.
Sprechen Sie vorher mit dem Geistlichen ab, an welcher Stelle dieses kleine Ritual eingebaut werden kann; legen sie es ganz ans Ende der Trauerfeier, können alle mit den Kerzen zum Grab gehen. Außerdem sollte der Organist informiert und geklärt werden, wer das Singen leitet. Ganz schön ist es auch, wenn einige Musiker in der Trauergemeinde den Kanon vorbereiten und ihre Instrumente mitbringen.
Der Kanon sollte auf einem Liedblatt stehen, das zusammen mit einem Teelicht auf jedem Platz in der Trauerkapelle liegt. Beim Ritual wird eine große Kerze angezündet und das Licht schweigend weitergegeben, bis alle Teelichter brennen. Dann spricht die Leiterin oder der Leiter des Rituals: „Wir wollen nun der/dem verstorbenen ... unsere Liebe und unsere guten Wünsche mit auf den Weg geben. Wir bitten die Lichtwesen aus der anderen Welt, ihrer/seiner Seele entgegenzukommen und sie zu geleiten.“ Danach wird der Kanon zweimal vorgespielt, vielleicht von den Musikern und ein paar Sängern noch einmal vorgetragen, bevor alle aufstehen und ihn dreimal einstimmig singen. Bei der letzten Zeile „denn dein Licht kommt“ werden alle Kerzen in die Höhe gehoben. Zum Schluss wird der Kanon mehrstimmig gesungen; dabei heben die einzelnen Stimmgruppen jeweils bei der letzten Zeile ihre Kerzen hoch. Singen Sie den Kanon lange wie einen Wiederholgesang, bis er von selbst ausklingt.
Das Lebensmosaik
Schon auf der Traueranzeige sollte neben der Einladung zur Nachfeier die Bitte stehen: „Bitte bringen Sie für die Nachfeier einen ‚Mosaikstein’ mit in Form eines Blattes Papier (ca. 12 x 12 cm). Darauf soll in bunten Farben ein Erlebnis mit der/dem Verstorbenen gestaltet sein, als Foto, Text, Collage, Zeichnung, Gedicht. Wir wollen daraus ein Lebensmosaik von ... legen.“
Wenn alle Gäste zu essen oder zu trinken haben, spricht die Leiterin oder der Leiter der Nachfeier einige einleitende Worte: „Jede und jeder von Ihnen hatte besondere Erlebnisse mit unserer/unserem lieben Verstorbenen. Wer einen Mosaikstein für das Lebensmosaik mitgebracht hat, möge jetzt kurz etwas darüber erzählen, was darauf dargestellt ist.“ Wegbegleiter aus der Kindheit beginnen, gefolgt von Freunden aus der Schulzeit - und so weiter. Jeder Beitrag kann mit einem Dank abgeschlossen werden und wird danach auf einen großen Bogen festes Tonpapier geklebt, das auf einem Flipchart oder an der Wand befestigt ist.
Bei einem solchen Lebensmosaik wird die Persönlichkeit der oder des Verstorbenen noch einmal wirklich lebendig; auch Lachen und Weinen finden darin ihren Platz. Wenn das Mosaik fertig ist, ergreift die Leiterin/der Leiter noch einmal das Wort: „Uns allen ist noch Zeit zum Weiterleben in dieser Welt geschenkt. Wir haben viele Geschichten von ... gehört. Alle Anwesenden mögen nun selbst entscheiden, was sie davon als Vermächtnis ins eigene Leben aufnehmen möchten.“ Dann wird das fertige Mosaik den hinterbliebenen Angehörigen überreicht. Es wird ihnen ein großer Schatz sein und kann ihnen bei der Trauerarbeit helfen.
Ein klarer gemeinsamer Schluss der Nachfeier ist ratsam: eine Geschichte, ein Märchen, ein Kanon, ein Kreis- oder Gebärdentanz oder ein schlichtes „Auf Wiedersehen“, bei dem alle sich noch einmal die Hand reichen.
Heidi Christa Heim