Taufe – und wie geht es weiter?

Interview mit Georg Kardinal Sterzinsky, Vorsitzender der bischöflichen Kommission für Ehe und Familie.

Manche Eltern möchten ihrem Kind die Entscheidung, ob es getauft sein möchte oder nicht, selbst überlassen. Sie warten, bis es im Erstkommunion-Alter oder sogar noch älter ist. Wie denken Sie darüber?

Kardinal Sterzinsky: Wer sich für oder gegen die Taufe entscheiden möchte, muss sich lange vorher damit auseinandersetzen. Das funktioniert nur durch Mitleben in einer Gemeinschaft. Zu einer solchen Entscheidung kann also nur derjenige fähig werden, der Gemeinschaft lebt - in der Familie und in der Kirchengemeinde. Kinder erleben dabei, dass Menschen sich gegenseitig tragen und stützen und dass sie Gott dafür um seinen Segen bitten. Dies ist eine elementare Erfahrung von Geborgenheit, die Kindern nicht vorenthalten werden sollte. Hinzu kommt: Für Eltern kann es ungeheuer entlastend sein, die Verantwortung für ihren kleinen Erdenbürger nicht allein tragen zu müssen, sondern darauf zu vertrauen, dass Gott dieses zerbrechliche kleine Leben in seiner Hand hält und unter seinen ganz besonderen Schutz stellt.

Wie können Eltern ihrem Kind nach der Taufe Glauben vorleben?

Kardinal Sterzinsky: Mütter und Väter teilen mit dem Kind ihr Leben. Sie sind so eng miteinander verbunden, dass der eigene Glaube auch zum Glauben ihres Kindes wird. Aber Glaube will gelebt sein – durch Gebet, den Besuch des Gottesdienstes, das Feiern der Feste innerhalb des Kirchenjahres, liebevolle Rituale in der Familie und nicht zuletzt durch das Engagement in der Kirchengemeinde. All dies sollten Eltern ihrem Kind nicht vorenthalten. Denn es ist auf der Suche nach Antworten auf die Fragen des Lebens: Wo komme ich her? Warum bin ich auf der Welt? Wo ist die tote Uroma jetzt? Wie sollen Eltern da Erklärungen finden, wenn ihr eigenes Glaubensgerüst instabil ist? Dass Mütter und Väter nicht auf alle Kinderfragen Antworten parat haben können, leuchtet ein. Sie brauchen keine theologische Ausbildung, um ihre Kinder religiös zu erziehen. Kinder sollten einfach nur spüren: Auch wenn Mama und Papa nicht alles wissen, macht es doch Freude, mit ihnen über Gott zu reden und gemeinsam nach Antworten zu suchen.

Welche Aufgaben sollten die Taufpaten des Kindes übernehmen?

Kardinal Sterzinsky: Wichtig ist vor allem, Kontakt zum Kind und seinen Eltern zu halten. Wer eine Patenschaft annimmt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass Zeitgeschenke immer die wertvollsten sind. Die Patin oder der Pate müssen keine mustergültigen Katholiken sein. Sie sollten aber zeigen, dass sie sich ehrlich um den Glauben bemühen. Ihre Aufgabe ist es, das Kind auf seinem Lebens- und Glaubensweg zu begleiten. Das heißt: da sein, wenn die Familie in einer Krise steckt; zu einer Vertrauensperson für das Patenkind werden und – wenn das Kind älter wird – auch mal zwischen ihm und den Eltern vermitteln.

Was könnten Pfarrgemeinden tun, um junge Familien wieder mehr mit Kirche in Kontakt zu bringen?

Kardinal Sterzinsky: Gut ist, wenn Kirche Kindern und Eltern zu einer Heimat wird. In vielen Gemeinden werden regelmäßige Zielgruppen orientierte Gottesdienste angeboten – für junge Eltern mit Kleinkindern bis hin zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Dass wir damit auf dem richtigen Weg sind, beweisen nicht zuletzt die Besucherzahlen. Leider wird jedoch das Angebot der Ehe- und Familienkreise in den Pfarrgemeinden immer weniger in Anspruch genommen. Wir müssen deshalb nach neuen Wegen suchen, junge Familien zu erreichen. Herauszufinden, wie das gelingen kann, ist unter anderen ein wichtiges Anliegen der Kommission Ehe und Familie der Deutschen Bischofskonferenz, der ich vorstehe. Gut ist es, wenn der Pfarrer oder der Gemeindereferent etwa beim Taufgespräch den jungen Eltern und Paten Mut macht, den Gottesdienst vorzubereiten und mitzugestalten. Selber etwas auszuformen, macht neugierig auf mehr. Im Idealfall bleibt der Kreis bestehen. Man stützt sich gegenseitig, ist sich einander Ratgeber in Sachen Kinderalltag und Erziehung – und damit auch in Sachen Glaubensleben. Impulse für eine solche fruchtbare Elternarbeit können Pfarrer und hauptamtliche Laien in den Pfarrgemeinden geben. Sie mit eigenen Ideen zu würzen und etwas auf den Weg zu bringen, könnte eine der wichtigsten Aufgaben für Eltern und Paten werden.

Interview: Margret Nußbaum