Jetzt tue ich was für mich! Wie Mütter auftanken

Das Essen schmeckt heute prima, außerdem sind drei Körbe frisch gewaschener Wäsche in die Schränke einsortiert, und sogar die Wohnung ist geputzt. Das Tagespensum kann sich sehen lassen - nur keiner bemerkt es.

Vielmehr: kein Familienmitglied würdigt es auch nur mit einem Wort. Es ist für alle selbstverständlich. Das ist Frust pur. Aber: Jammern hilft nicht weiter, und auf Lob zu warten ist auch nicht die Lösung

Tipp 1: Sich selbst wertschätzen!

Wenn Frauen die Anerkennung ihrer Familie fehlt, hilft nur eines: Raus aus der Opferrolle und selbst seine Leistungen in Familie und Haushalt anerkennen. Daniela, Heilpraktikerin und Mutter von drei Kindern, hat einen Weg gefunden, um mit der fehlenden Anerkennung fertigzuwerden: "Die Wertschätzung meines eigenen Tuns ist für mich überlebenswichtig. Denn bei den immer wiederkehrenden Aufgaben muss man aufpassen, nicht unzufrieden zu werden. Man muss sich in seinem Tun für die Familie genügen."

Wie sich im Alltagsstress oft der Blickwinkel verengt, weiß Sabine, Rechtsanwältin und Mutter von zwei kleinen Söhnen: "Das ist so, als hätte ich Scheuklappen und sähe nur noch das ätzende Chaos um mich herum, wie das Spielzeug überall herumliegt. In solchen Augenblicken, wenn ich mich im Alltag schlecht fühle, sage ich 'Stopp!', gehe kurz aus dem Zimmer, atme ein paar Mal in den Bauch und frage mich: Warum fühle ich mich schlecht? Dann gehe ich wieder zurück. Ich versuche, achtsam mit mir selbst umzugehen und mir immer wieder bewusst zu werden, wie wichtig mein Job zu Hause ist."

Viele Frauen, die vor der Familienphase berufstätig waren, leiden unter einem vermeintlichen Kompetenzverlust. Waltraud Deckelmann, bayerische Landesvorsitzende des Frauenbundes, rät deshalb Familienmanagerinnen, sich selbst mit anderen Erfolgskriterien als im Berufsleben zu messen: "Die Frauen können sich bewusst werden, dass ihre Arbeit zu Hause, sei es die Erziehung von Kindern oder die Versorgung von Pflegebedürftigen, einen unschätzbaren Wert hat. Denn Familienarbeit ist eine der wichtigsten Tätigkeiten in unserer Gesellschaft."

Tipp 2: Diese Zeit gehört mir!

Wer am Abend die Aufgaben des nächsten Tages plant, kann darauf achten, "goldene Momente" in den Alltag einzubauen. Denn Termine mit sich selbst, wie zum Beispiel sich eine Stunde hinzulegen und zu lesen, ins Kino zu gehen oder Sport zu treiben, haben Vorrang im Zeitmanagement. Auch sollte nur maximal die Hälfte des Tages verplant sein. "Schaffen Sie sich Freiräume für spontane Aktivitäten! Oder: Einmal pro Woche hat Mama frei! Und wenn Mütter sich diese Auszeiten im Alltag nehmen, dann bitte ohne schlechtes Gewissen, sondern mit Stolz den Satz denken: Jetzt tue ich etwas nur für mich!", rät KDFB-Referentin Gertrud Ströbele.

In ihrem Seminar "Versuchs mal mit...- Inspirationen für einen zufriedenen Alltag", das der Bayerische Landesverband des KDFB auf Anfrage anbietet, lernen Familienfrauen, sich zu belohnen. "Frauen sind eingespannt in Familie, Haushalt, vielleicht auch in Beruf und Ehrenamt, und bei all dem fragen sie sich manchmal, wo sie selbst geblieben sind und wo das geblieben ist, was ihnen am Herzen liegt und Freude macht", sagt Gertrud Ströbele. Die Referentin leitet Frauen an, den Alltag neu zu betrachten, selbst wenn große Veränderungen wegen kleiner Kinder oder einem ausfüllenden Beruf nicht möglich sind. "In solchen intensiven, aber auch anstrengenden Lebensphasen geht es darum, dem Alltag durch kleine Veränderungen, durch goldene Momente, neuen Glanz zu geben. Es geht darum, Inseln der Entspannung zu schaffen und Farbe in grau Gewordenes zu bringen." Letztlich müsse aber jede Frau akzeptieren, dass ihr Spielraum in diesen Lebensphasen nicht groß ist. Besser, man verlangt nicht zuviel von sich und erkennt an, dass man eine Herkulesarbeit leistet und deshalb oft erschöpft ist.

Tipp 3: Fremdbestimmung akzeptieren!

Egal, ob man Mutter eines Säuglings, eines Kleinkindes oder eines Schulkindes ist: Der Tagesablauf richtet sich nach den Kindern. "Mit der Fremdbestimmung meines Alltags komme ich nicht immer gut zurecht. Vor allem dachte ich, die sehr anstrengende Säuglingsphase nimmt kein Ende", erzählt die 40-jährige Michaela, Mutter einer inzwischen vierjährigen Tochter.

Auch Sabine vergisst in den Mühlen des Alltags oft, dass sie gerade eine sehr intensive, wertvolle Lebensphase mit ihren beiden kleinen Söhnen durchläuft. "Es werden bestimmt auch ruhigere Zeiten kommen, aber das kann ich mir momentan noch nicht vorstellen. Und wahrscheinlich, wenn die Kinder dann groß sind, vermisst man genau diese Phase. Mir geht es besser, seit ich diese Fremdbestimmung akzeptiert habe."

KDFB-Referentin Gertrud Ströbele rät, Muss-Sätze, wie "Ich muss kochen! Ich muss aufräumen!" umzuwandeln in: "Ich will kochen, um mich gut zu ernähren!" „Ich habe mich entschieden aufzuräumen, damit die Wohnung behaglich wird!". Um aber anstrengende Lebensphasen, etwa mit einem Säugling, zu bewältigen, empfiehlt sie jungen Müttern eher eine Durchhalte-Parole: "Es verändert sich, mein Kind entwickelt sich jeden Tag weiter. Ich muss nur noch ein bisschen durchhalten."

Tipp 4: Nieder mit dem Perfektionismus!

Partnerin, Mutter, Hausfrau, pflegende Angehörige, Arbeitnehmerin, beste Freundin: Frauen setzen sich selbst zu sehr unter Druck und möchten am liebsten alle Rollen absolut perfekt ausfüllen. Davon hören die Mitglieder der KDFB-Kommission "Ehe - Familie - Beruf" des Bayerischen Landesverbandes in ihren Veranstaltungen immer wieder, weiß die Vorsitzende Sabine Krejci: "Wenn die Frauen aber nicht in der Lage sind, Prioritäten zu setzen und mal Fünfe gerade sein zu lassen, werden sie letztendlich keine der Aufgaben zur eigenen Zufriedenheit erfüllen." Deshalb empfiehlt sie Frauen: "Schrauben Sie Ihre Ansprüche zurück!"

Perfektionistinnen rät Gertrud Ströbele, ihre "inneren Antreiber" zu entlarven: "Diese innere Stimme, die unser Handeln diktiert, treibt uns an, zum Beispiel mit: Sei attraktiv! Sei selbstlos und immer für andere da! Gib dein Bestes!". Frauen sollten versuchen, die heimlichen Leitsätze, die sie in der Kindheit und Jugend von der Mutter oder Oma mit auf den Lebensweg bekommen haben, auf die Spur zu kommen. Dazu wäre es gut, alle Antriebssätze aufzuschreiben und danach Erlaubnissätze zu formulieren wie zum Beispiel statt "Sei perfekt!" ein "Durch Fehler wird man klug!".

Tipp 5: Nach Hilfe Ausschau halten!

Wer kennt es nicht, dass sich eine Tätigkeit, die keinen Spaß macht, unendlich länger anfühlt oder dass man ungeliebte Aufgaben immer vor sich her schiebt? Selbst die Last von zehn ungebügelten Hemden im Keller, so banal es klingt, drückt auf die Stimmung.

Häufen sich die unerledigten Aufgaben oder ist das Tagespensum von vornherein mit den Terminen von Kindern, Haushalt und Beruf zu hoch, kommt bei Müttern das Gefühl der Überlastung auf, das Gefühl "Es ist einfach zu viel"!

In diesem Fall rät Gertrud Ströbele zu überprüfen, warum man sich nicht Hilfe in Form einer Putzfrau, einer Bügelhilfe oder einer Babysitterin sucht. "Fragen Sie sich: Will ich überhaupt Entlastung oder erfüllt die Überbelastung einen Sinn? Denn Frauen tun sich schwer, um Hilfe zu bitten oder auch Verantwortung für Aufgaben abzugeben", weiß Gertrud Ströbele. Fehlt das Geld, solche Dienste in Anspruch zu nehmen, bewährt sich ein Familieneinsatzplan. Kinder von fünf, sechs Jahren sind durchaus in der Lage, selbst aufzuräumen oder beim Abtrocknen zu helfen, ganz zu schweigen von den Ehemännern! Männer können die Frau nicht nur beim Einkauf und Rasenmähen entlasten. Größere Kinder können staubsaugen oder die Geschirrspülmaschine ein- und ausräumen. Wichtig ist dabei, dass jedes Kind einen ganz klaren Aufgabenbereich hat. Stephanie, Lehrerin aus Dortmund und Mutter von zwei Söhnen, hat es so gelöst: "Meinen zehnjährigen Sohn haben wir zum Beauftragten der Spülmaschine ernannt. Mein jüngerer Sohn ist der Getränkebeauftragte. Beide fühlen sich sehr wichtig, und deshalb klappt es!"

Tipp 6: Ich bin nicht für alles verantwortlich!

Viele Frauen haben Probleme mit Überverantwortlichkeit, können oder wollen nicht delegieren. Überverantwortliche Frauen fühlen sich mit der Zeit ausgelaugt, sind häufig unzufrieden, gereizt und machen ihrer Umgebung Vorwürfe. "Oft haben überverantwortliche Frauen schon als Kind Lasten übernommen, die nicht zu ihnen gehörten. Früh hatten die Mädchen Schuldgefühle, nicht gut genug zu sein, und dabei den weiblichen Zwang entwickelt, es allen recht zu machen - auf ihre eigenen Kosten", erklärt Sozialpädagogin Gertrud Ströbele. Überverantwortliches Verhalten kostet viel Kraft und Energie. Trotzdem laufen die Frauen wie ein Hamster im Laufrad immer weiter. Die Anstrengung, die Erwartungen von Gesellschaft, Familie, Arbeitswelt oder Freunden zu erfüllen, führt jedoch nicht zu Anerkennung und Selbstbewusstsein, sondern eher zum Gefühl, ausgelaugt zu sein, und zu Minderwertigkeitsgefühlen.

"Diese Frauen müssen lernen, sich von ihrer Überverantwortlichkeit zu verabschieden! Sie sind nicht für alles verantwortlich! Ein erster Schritt heißt, Nein zu sagen, wenn man Nein meint", so Ströbele.

Tipp 7: Vorsicht vor dem Burnout!

Familienmanagerinnen leiden zwar aus anderen Gründen als Manager der Wirtschaft an Burnout, dem Gefühl "ausgebrannt" zu sein, aber die Symptome sind die gleichen: Chronische Überlastung, Rückenbeschwerden, Migräneattacken, Unruhe oder Schlafstörungen führen nicht selten in eine Abwärtsspirale von körperlichen Beschwerden und geringer seelischer Abwehrbereitschaft.

Viele Frauen nehmen ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle nicht ernst, machen im gleichen Trott weiter, bis es womöglich gar nicht mehr geht. Sabine erinnert sich: "Ich musste den totalen nervlichen und körperlichen Zusammenbruch mit einem mehrfachen Bandscheibenvorfall haben. Es hat bei mir einen großen Grad an Verzweiflung gebraucht, bis ich bereit war, etwas zu verändern. In meinem Alltag wollte ich es allen recht machen und habe mich selbst dabei verloren."

In einem frühen Stadium hatte sie bemerkt, dass es überhaupt nicht mehr ausreichte, einen halben oder einen ganzen Tag für sich zum Entspannen zu haben. "In einer Familienberatungsstelle wurde mir geraten, kleine Inseln im Alltag zu suchen. Das funktioniert aber nur dann, wenn man eine gute Konstitution hat. Wenn man richtig erschöpft ist, braucht es mehr", weiß Sabine heute. Schließlich musste sie fünf Wochen in eine Rehabilitation. Und zu Hause lief es trotzdem weiter: Eine Familienpflegerin des Frauenbundes übernahm ihre Aufgaben.

Bei Müttern, die sich in ähnlicher Lage befinden oder merken, dass sie sich ausgebrannt fühlen, können die Beratungsstellen des Müttergenesungswerks weiterhelfen. In der Beratung wird den überlasteten Müttern oft eine Vorsorge- und Reha-Maßnahme (früher Mütterkur oder Mutter-Kind-Kur) empfohlen, die zu den Pflichtleistungen der Krankenkassen zählt.

Nach einer Kur ist die Nachsorge sehr wichtig, weiß KDFB-Vizepräsidentin Beate Born, die Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Müttergenesung ist: "Wir haben eine Nachsorge-Datenbank mit vielen Angeboten. Auch die BeraterInnen stehen den Müttern weiter zur Seite, damit der Erfolg der Kur nicht gleich wieder verpufft und die Frauen das, was sie in der Reha gelernt haben, in den Alltag übertragen können."

Tipp 8: Zeitdiebe entlarven!

Ein Weg zu mehr innerer Ruhe im Alltag heißt: Zeitdiebe entlarven. Zeit stehlen zum Beispiel lange Telefonate oder Ratsch und Tratsch beim Einkaufen. Auch sind manche Menschen wahre Energie- und Zeitvampire. Man erkennt sie daran, dass man sich nach einem Treffen mit ihnen ausgelaugt fühlt. Wenn Frauen solche Kontakte nicht abbrechen wollen oder können, weil es sich zum Beispiel um die eigene Mutter handelt, gilt es, klare Grenzen zu setzen. Bei Telefonaten kann man gleich sagen, dass man nur fünf Minuten Zeit hat. Auch Treffen sollte man von vornherein zeitlich begrenzen.

Tipp 9: Reizüberflutung stopen!

Gestresste Familienfrauen sollten die mediale Reizüberflutung stoppen, findet KDFB-Referentin Gertrud Ströbele: "Fragen Sie sich, was führe ich mir an Fernsehen, Zeitungen und Büchern zu? Was davon tut mir wirklich gut? Was tue ich, um zu mir zu kommen?"

Denn zwischen Beruf und Familie, Verabredungen und den Anforderungen des Alltags kommt die Seele oft zu kurz. Gertrud Ströbele leitet in ihrem Seminar Frauen an, sich und ihre Umgebung mit allen Sinnen wahrzunehmen. "Die Frauen sollen in sich hineinhören! Ihre eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und ernst nehmen. Dazu mache ich eine Übung, die heißt: Meine Traumfrau in mir wecken! Was kann ich tun, damit ich die Frau werde, die ich mir erträumt habe? Was ist mir wichtig am Tag? Was ist mir wichtig in meinem Leben?"

Tipp 10: Spiritualität gibt Kraft!

"Um Kraft zu schöpfen, brauche ich Zeit für mich und Gott. Sich 'frei zu geben', nichts zu tun, einfach da zu sein, ist in der Betriebsamkeit eines organisierten Alltags nicht einfach, führt mich aber an eine existentielle Quelle", weiß Claudia Nietsch-Ochs, Geistliche Beirätin des KDFB-Bundesverbandes. In ihrem neuen Buch "Heute hab ich frei. Tage für mich und für Gott" bietet sie entlang der Jahreszeiten Impulse, Gebete und Ideen für die Gestaltung stiller Zeiten.

"Diese stillen Zeiten kann ich zu Hause einplanen mit einigen wirklich ungestörten Stunden, oder ich kann mir einen Ort suchen, der mir gut tut, wie mein Garten, ein Kloster oder ein Haus der Besinnung. Auch bei einem Spaziergang in der Umgebung kann man sich aus dem Alltag zurückziehen. Wer sich unverplante Stunden schenkt, wird neu zur Fülle finden, kommt mit sich selbst in Berührung und spürt das Göttliche", so Nietsch-Ochs.

Karin Schott