Sieben Tage, 24 Stunden

Als alleinerziehende Mutter erledigt Susanne Becker viele „männliche“ Aufgaben selbst und kann sich auf ein Netzwerk von Frauen stützen. Ab und zu fehlt ihr aber noch ein Handwerker vom Amt.

Nach acht Jahren Ehe hat mein Ex mich und die Kinder Knall auf Fall wegen einer anderen Frau verlassen. Zuerst habe ich noch versucht, mit Gesprächen und einer Paarberatung um unsere Ehe zu kämpfen, aber spätestens als er sich mit seiner neuen Freundin einen Luxusurlaub gönnte, war’s auch für mich vorbei. Zu den Geburtstagen und zu Weihnachten bekommen Philipp (14), Maren (11) und Thomas (8) von ihm noch eine Karte, aber wir haben von ihm weder eine Adresse noch eine Telefonnummer. Von Unterstützung also keine Spur; ich habe sogar den Verdacht, dass er bei den Unterhaltszahlungen für die Kinder ’rumtrickst.

Als Alleinerziehende  muss ich das Leben der Familie also  allein  organisieren.  Einerseits  empfinde  ich  das auch als Vorteil – die Freiheit, meine Kinder alleine zu erziehen und mein Leben so aufzubauen, wie ich als Frau das möchte, ohne dass „Mann“ reinredet. Andererseits: Da ist niemand, der sich kümmert, wenn ich nicht selbst anpacke, der mitdenkt und -sorgt und den ich schnell mal fragen kann. Vor allem als frisch Geschiedene fühlte ich mich eine Zeitlang wie gelähmt, als sei mir ein wichtiger Körperteil amputiert worden, und ich funktionierte nur noch.

Seit Philipps Geburt bin ich, auch wegen gesundheitlicher Probleme, sieben Tage 24 Stunden Mutter; für das kommende Jahr plane ich aber die Rückkehr ins Berufsleben. Zur Zeit leben wir noch von Hartz IV; für mich heißt das, meinen Stolz herunterzuschlucken, wenn ich Ämter und Förderstellen abklappere und mich von anderen Eltern, Lehrern, Ärzten und Amtspersonen mitunter misstrauisch beäugen lasse. Andererseits habe ich und haben meine Kinder gelernt zu warten und zurückzustecken, aber auch zu improvisieren und Schnäppchen zu organisieren. Und ganz sicher sind die drei selbstständiger als viele Gleichaltrige, die von ihren Eltern rundum versorgt und ausgestattet werden.

Außerdem habe ich einige tatkräftige Helfer:

  • Oma und Opa springen gerne als Babysitter ein und erledigen beim Einkaufen vieles für uns mit.
  • Ohne die Tafeln, bei denen wir einmal pro Woche Lebensmittel holen, gäbe es bei uns viel weniger Gemüse und Obst auf dem Teller – zu teuer!
  • Im Alleinerziehenden-Kreis werden wir psychologisch betreut, können unsere Nöte „Gleichgesinnten“ erzählen und von deren Erfahrungen lernen. Außerdem organisieren wir gegenseitige Hilfen und erleben – ganz wichtig! – Anerkennung und Lob für die eigene Leistung. Allerdings kosten die Treffen seit den finanziellen Kürzungen der Kirche jedes Mal fünf Euro.
  • Auch meine Sachbearbeiterin im Sozialamt hilft mir mit Tipps und Informationen. Für die Berge von Papier, die das „Bildungspaket“ verlangt, kann sie nichts.

Was mir leider fehlt, ist zum einen eine männliche Bezugspersonen für die beiden Söhne. Brüder habe ich keine, der Freund meiner Schwester ist weit weg, der Opa, die Lehrer und die Trainer im Schwimmverein sind nur ein schwacher Ersatz. Alleine gelassen fühle ich mich auch bei Aufgaben, die „normalerweise“ ein Ehemann übernimmt; dazu gehören vor allem Reparaturen in der Wohnung oder am Auto. Vieles habe ich inzwischen selbst zu flicken gelernt, aber ein „Handwerker vom Amt“ wäre ein Traum! Und größere Einkäufe wären mit männlicher Hilfe auch einfacher zu bewältigen. Ein Netzwerk von Frauen ist prima, aber ein paar hilfreiche Männer dazwischen könnten auch nicht schaden. 

Susanne Becker