Wenn Papa weit weg ist

Kinder reagieren äußerst unterschiedlich: Die einen bleiben gelassen, andere werden unruhig oder sogar „auffällig“ und wieder andere entwickeln sich sogar sehr positiv.

Vater fehlt als stabilisierendes Element

Wie Kinder auf eine berufsbedingte Trennung von Mutter oder Vater reagieren, kann sich je nach Alter und Persönlichkeit der Kinder sowie den Lebensbedingungen der Familie himmelweit unterscheiden.
Meist ist der Vater der Elternteil, der berufbedingt aus der Familie weggeht, während die Mutter zur Hause „die Stellung hält“. Ein Säugling und Kleinkind leidet besonders. Die Trennung unterbricht seine Grundbindungsphase – mit der Konsequenz, dass die Beziehungen des Vaters zu ihm manchmal auch nach seiner Rückkehr schlechter bleibt als die zu evtl. vorhandenen Geschwistern. Stark betroffen sind außerdem Jungen im Schulkind- und Pubertätsalter: Ihnen fehlen die direkte männliche Identifikationsfigur und das väterliche Vorbild. Die Mutter kann diese Rolle nicht übernehmen. Ein solches Defizit kann zu „auffälligem“ Verhalten der Söhne führen. Bei chronisch kranken Kindern kann die Trennung regelrechte Krankheitsschübe auslösen. So berichten beispielsweise Mütter von ADS- bzw. AHDS-Kindern von einer sehr anstrengenden Zeit mit ihren Kindern, wenn der Vater als stabilisierendes Element fehlt. Andererseits lernen viele Schulkinder, in Abwesenheit des Vaters mehr Verantwortung für die Familie zu übernehmen. Sie spüren, dass es ohne ein Miteinander nicht geht. Manche lernen ihren Vater wieder zu schätzen; ein vorher angespanntes Verhältnis zwischen beiden kann sich durch die vorübergehende Trennung nachhaltig verbessern. Geschwister wiederum stabilisieren sich meist gegenseitig und bilden eine Art „Solidargemeinschaft“. Die Mütter erfahren somit eine spürbare Entlastung. Unter besonderen Bedingungen kann sich jedoch auch ein gegenteiliges Verhalten entwickeln; ein Kind, das vom Vater bevorzugt wurde, wird während seiner Abwesenheit gerne „ausgegrenzt“, sodass es besonders unter der Situation leidet. In der Regel reagieren Kinder auf die berufsbedingte Trennung heftiger, wenn sich der Vater im Normalfall stark in der Erziehung engagiert. Auch die Mütter schätzen eine partnerschaftliche Erziehung; ihnen fällt es nicht leicht, danach die gesamte Erziehungsleistung allein zu übernehmen.

Eine große Rolle spielt die Qualität der elterlichen Paarbeziehung

Andererseits: Wenn die Mutter schon früher die erste Bezugsperson und die maßgebliche Ansprechpartnerin für die Kinder war, kann sie die Abwesenheit des Vaters leichter kompensieren; möglicherweise verliert jedoch der Vater für die Kinder noch mehr an Bedeutung und wird endgültig „nebensächlich“. Eine große Rolle spielt die Qualität der elterlichen Paarbeziehung. Instabile Paare sind oft stark mit den eigenen Problemen beschäftigt und haben deshalb Schwierigkeiten, die Sorgen und Nöte der Kinder zu erkennen und aufzugreifen. Zudem befürchten Kinder solcher Paare eher, dass sich die Eltern trennen; der Abschied des Vaters ist für sie ein Signal in diese Richtung. Die vorübergehende, berufsbedingte Trennung erhält eine andere Dimension und löst ernorme Verlustängste aus. Meist senden betroffene Kinder ihrem Alter entsprechend Signale aus, indem sie ihr Verhalten ändern. Sie zeigen, dass sie unter der Situation leiden. Darauf nun konstruktiv zu reagieren, fällt Eltern natürlich leichter, wenn sie schon vorab über die Signale Bescheid wissen. Die Broschüre „Wir schaffen das“ (siehe unten) listet häufig beobachtete Verhaltensveränderungen altersbezogen auf und bietet konkreten Möglichkeiten an, wie Eltern ihre Kinder unterstützen können. An dieser Stelle muss aber auch deutlich darauf hingewiesen werden, dass natürlich nicht jede Verhaltensveränderung von Kindern ausschließlich auf das Konto einer längeren Abwesenheit des Vaters geht. Beispiel: Wenn die Geburt eines Geschwisterchens hinzukommt. Und grundsätzlich gilt: Sollten Eltern feststellen, dass ihre Bewältigungskapazitäten nicht mehr ausreichen, sollten sie sich nicht scheuen, Erziehungsberatungsstellen, Jugendpsychologen oder Familientherapeuten aufzusuchen.

Johanna Mödl

Gemeinsam erziehen bei berufsbedingter Trennung

Die vom Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft ZFG herausgegebene Broschüre Wir schaffen das! versteht sich als eine Hilfestellung für Eltern, die mit ihren Kindern die Zeiten berufsbedingter Trennung meistern wollen. Es wird u.a. dargestellt, welche Auswirkungen die Abwesenheit eines Elternteils auf die Eltern-Kind-Beziehung, auf die Entwicklung des Kindes sowie auf die Paarbeziehung im Hinblick auf die elterliche Erziehungskompetenz haben kann.

Bezug:

ZFG
Am Marktplatz
485072 Eichstätt
zfg@kuei.de